Die Zukunft
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Teilweise. In den meisten Lebensmitteln, wie z.B. Obst, Gemüse oder Getreide, ist das so genannte Leitnuklid Cäsium-137 heute nicht mehr nachweisbar. Bei sandigen Böden wurde die Radioaktivität relativ schnell durch den Regen ausgewaschen und in tiefere Schichten transportiert und kann deshalb heute von den Pflanzen nicht mehr aufgenommen werden. In bewirtschafteten Ackerböden wurde das deponierte Cäsium durch intensive Bodenbearbeitung untergemischt und in tiefere Schichten eingetragen. Dagegen blieb das Cäsium bei Weideland im Wesentlichen in den oberen Bodenschichten von 0 bis 10 cm Tiefe. Cäsium wird im Boden durch Tonminerale fixiert, so dass seine Mobilität und Pflanzenverfügbarkeit in den landwirtschaftlich genutzten Mineralböden in Bayern gering ist.
Problematisch sind allerdings humusreiche und/oder saure Böden, wie z.B. Moor- oder Waldböden. Einerseits bleibt das Cäsium dort aufgrund der chemischen Bodeneigenschaften mobil, zum anderen kommt mit Ästen, Nadel- und Laubfall immer wieder eine Neuzufuhr von Cäsium in die obere Bodenschicht, wo es für die Wurzeln wieder gut verfügbar ist. Vor allem in Pilzen, Waldbeeren oder Wild, insbesondere Schwarzwild, können teilweise noch erhebliche Cäsium-Belastungen nachgewiesen werden.
Das für die heutige Belastung aus dem Tschernobyl-Fallout noch relevante Nuklid ist das radioaktive Cäsium-137. Es entsteht bei der Kernspaltung im Atomkraftwerk und zerfällt unter Aussendung von Strahlung mit einer physikalischen Halbwertszeit von 30 Jahren. Aufgrund dieser langen Halbwertszeit ist es nicht verwunderlich, dass auch heute noch Radioaktivität aus Tschernobyl in unserer Umwelt vorhanden ist und vor allem in Wald- und Moorböden noch lange Zeit verfügbar bleiben wird. Die daraus resultierende radioaktive Belastung von Nahrungsmitteln hängt einerseits von der Art des Lebensmittels und andererseits von der Herkunft bzw. der regionalen Bodenbelastung ab. Der radioaktive Eintrag in den Boden erfolgte durch das Ausregnen der Tschernobyl-Wolke, dem radioaktiven Fallout, Anfang Mai 1986.
In Südbayern gibt es aufgrund des unglücklichen Zusammentreffens der Tschernobyl-Wolke mit heftigen Gewittern Gebiete, die aufgrund der ausgiebigen Regenfälle einen relativ hohen radioaktiven Eintrag erhalten haben und so entsprechend hoch belastet wurden. Die mittlere Kontamination der Böden in Bayern betrug damals für Gesamtcäsium (Cs-134 und Cs-137) 20.300 Bq/m², und reichte von "kleiner Nachweisgrenze" bis über 173.000 Bq/m². Südbayern wurde dabei im Schnitt dreimal so hoch belastet wie Nordbayern.
Stockschwämmchen. © Melzer
Der Gehalt und die biologische Verfügbarkeit von Cäsium nimmt in Wäldern nur sehr langsam ab. Der gesamte Eintrag der radioaktiven Kontamination befindet sich im humosen Mineralboden und insbesondere in der oberen Humusauflage des Waldbodens. Diese ist nährstoffarm und sauer, was Schadstoffen wie Cäsium eine hohe Mobilität verleiht. Es kann von Pflanzen relativ schnell aufgenommen werden. Da Pilze ein weitverzweigtes, oberflächennahes Wurzelgeflecht (Mycel) haben, können sie in hohem Maß Cäsium aufnehmen und speichern. Dies erklärt, warum in hochbelasteten Gebieten auch heute noch Belastungswerte im 4-stelligen Becquerel-Bereich liegen. Zu den Spitzenreitern gehören Maronenröhrlinge. In der Pilzsaison 2001, 15 Jahre nach der Tschernobyl-Katastrophe, konnten wir Werte von 5400 Bq/kg Frischmasse bei Maronenröhrlingen aus Südbayern nachweisen.
Noch höher ist die Belastung bei Schwarzwild (Wildschweinen), die nach amtlichen Messungen von 1998 noch Werte bis zu 65.000 Bq/kg Fleisch aufwiesen. Da sich Wildschweine vorwiegend von Waldfrüchten (vorzugsweise Pilze und Trüffel) ernähren und sie damit Radioaktivität in hohem Maße über die Jahre im Körper anreichern, sind diese Werte durchaus nachvollziehbar.
Aufgrund des Minimierungsgebotes empfehlen wir insbesondere Kindern und Schwangeren, Waldprodukte generell zu meiden.
Kaum. Bei Verwendung von Elektronenstrahlen werden zwar radioaktive Substanzen erzeugt, deren Gesamtaktivität ist aber extrem gering. Die Problematik dabei ist, dass eine Bestrahlung chemische Veränderungen im Lebensmittel bewirkt. Neben den gewünschten chemischen Veränderungen, wie z.B. Abtötung von Keimen, können durch Bestrahlung aktivierte sog. freie Radikale auch zahlreiche unerwünschte Veränderungen im Lebensmittel erzeugen bis dahin, dass sogar schädliche Verbindungen entstehen können. Derzeit ist in Deutschland aufgrund einer EG-Richtlinie die Bestrahlung und Vermarktung von getrockneten aromatischen Kräutern und Gewürzen zugelassen.
Ja. Je näher ein Kind an einem Atomkraftwerk wohnt, um so höher ist das Risiko, dass es an Krebs erkrankt. Im 5-km Nahbereich der deutschen Standorte von Atomkraftwerken ist das Krebsrisiko bei Kleinkindern unter 5 Jahren um 60 Prozent und speziell das Leukämierisiko sogar um 120 Prozent signifikant erhöht. Dies ist das Ergebnis der so genannten KiKK-Studie(Kinderkrebs um Kernkraftwerke), eine Fall-Kontroll-Studie, die vom Bundesamt für Strahlenschutz in Auftrag gegeben und im Dezember 2007 veröffentlicht wurde. Bereits früher durchgeführte ökologische Studien (Michaelisstudie, Neuauswertung durch das Umweltinstitut) haben entsprechende Hinweise erbracht, die dann aber gern als Zufallsergebnisse gewertet wurden. Ausführliche Infos dazu finden Sie hier.
Durchgeführt wurde die KiKK-Studie vom Deutschen Kinderkrebsregister und der Universität, beide in Mainz. Die Verfasser der Studie vertreten die Meinung, dass das eindeutige Ergebnis nicht auf die Strahlenbelastung durch Atomkraftwerke zurückzuführen sei. Diese sei äußerst gering (< 10 Mikrosievert pro Jahr) und damit um einen Faktor 1000 niedriger als die Strahlendosis, bei der gemäß den derzeitigen strahlenbiologischen Erkenntnissen, die auf Daten der Atombombenexplosionen in Hiroshima und Nagasaki basieren, solche Erkrankungen zurückgeführt werden könnten.
Nach der Veröffentlichung der KiKK-Studie wurden in Deutschland, England, Frankreich und der Schweiz ökologische Studien durchgeführt, die sich an der KiKK-Studie orientierten. Ökologische Studien sind weniger aussagekräftig als Fall-Kontroll-Studien. Sie vergleichen auf Gemeindeebene die mittleren Erkrankungsraten im Untersuchungsgebiet um AKWs mit entsprechenden Raten in ähnlichen Kontrollregionen ohne AKWs. Keine der vier neuen Studien lieferte nach Aussage der Autoren einen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko. Aber mit einer gemeinsamen Auswertung der Daten aus den vier Studien konnte gezeigt werden, dass das Leukämierisiko signifikant mit der Nähe zum AKW zunimmt und dass das Leukämierisiko für Kinder unter 5 Jahren im Nahbereich bis 5 km signifikant um 44 Prozent erhöht ist. Die neuen Studien sind also eine Bestätigung für erhöhte Leukämieraten bei Kleinkindern in der Nähe von Atomkraftwerken. Ausführliche Infos dazu finden Sie hier.
Ja. Die Sterblichkeit von Neugeborenen (Perinatalsterblichkeit) war 1987, im Jahr nach Tschernobyl, signifikant um 5% erhöht. Insgesamt sind in diesem Jahr 316 Neugeborene mehr gestorben als statistisch erwartet. Der zeitliche Verlauf der Perinatalsterblichkeit zeigt Maxima am Anfang und am Ende 1987, die sich der Belastung der Schwangeren mit radioaktivem Cäsium aus dem Tschernobyl-Fallout, das über Nahrungsmittel aufgenommen wurde, zuordnen lassen.
In der Klimaschutzdebatte wird gerne angeführt, dass Atomenergie nicht klimaschädigend sei, da sie ohne Freisetzung des Treibhausgases CO2 arbeitet. Es ist zwar richtig, dass bei der Energiegewinnung in Atomkraftwerken im Unterschied zur Energiegewinnung durch Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas kein Kohlendioxid emittiert wird. Betrachtet man aber den gesamten Brennstoffzyklus, ergibt sich ein anderes Bild. Studien, die Gesamtbilanzen vom Rohstoffabbau bis zur Endlagerung betrachtet haben, kommen zu dem Ergebnis, dass der Erzeugung von Atomstrom im Mittel 60 Gramm CO2 pro Kilowattstunde Atomstrom anzurechnen sind. Das ist mehr CO2, als den erneuerbaren Energien zugerechnet wird.
Aber selbst wenn man die Atomkraftwerke isoliert betrachtet, müssten - um den globalen CO2-Ausstoß erheblich zu verringern - mehrere tausend Atomreaktoren gebaut werden. Dies scheitert allein schon an der fehlenden Versorgungssicherheit: Der Rohstoff Uran wäre bei gleichbleibendem Verbrauch noch ca. 30 Jahre verfügbar, bei einem deutlichen Ausbau der Atomstromgewinnung wären die Reserven sehr viel schneller aufgebraucht. Neue Uranminen zu erschließen würde nicht nur beachtliche Investitionen erfordern sondern auch viel Zeit erfordern. Ein so gewaltiger Ausbau dieser Risikotechnologie ist sowohl aus ökonomischen als auch aus ökologischen Gründen unsinnig, nicht zuletzt würde er wegen den Sicherheits- und Unfallrisiken an der mangelnden Akzeptanz der Bevölkerung scheitern.
Die historischen Wurzeln der Atomstromproduktion liegen im militärischen Bereich. Anfang der 40er Jahre schickte man sich in den USA an, eine "neuartige Zerstörungswaffe", die Atombombe zu entwickeln. Dies führte zum Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki. Anfang der 50er Jahre bot dann der amerikanische Präsident Eisenhower westlichen Ländern die Übernahme von nukleartechnischem Know-How, ersten Reaktoren und Uran-Brennstoff an. Unter dem Motto "Atoms for Peace" war das Zeitalter der sog. zivilen Atomtechnik eingeläutet. Allerdings verfolgten die meisten Länder, die das Angebot Eisenhowers nutzten, nicht nur friedliche Absichten. Unter dem Deckmantel der zivilen Atomstromerzeugung waren doch militärische Ziele im Vordergrund. Viele Länder verfolgten die sog. Dual-Use-Atomtechnologiepolitik, also den zivilen und militärischen Pfad, was der Öffentlichkeit verborgen blieb. In einer Reihe von Fällen lässt sich heute nachvollziehen, dass geheime militärische Zielsetzungen die zivile Entwicklung der Atomtechnik maßgeblich beeinflusst haben.
Wer Atomwaffen produzieren will, braucht geeignete Waffenstoffe. Die wichtigsten sind Plutonium und hoch angereichertes Uran, HEU (highly enriched uranium), die beide nicht als solches in der Natur vorkommen und technisch erzeugt werden müssen. Dazu benötigt man neben Atomreaktoren auch weitergehende Nukleartechnologien: für Plutonium eine Anlage zur Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen und für HEU eine Uran-Anreicherungsanlage. Diese beiden Technologien sind quasi die Schnittstellen zwischen ziviler und militärischer Atomtechnik.
In politisch labilen Staaten sind diese Bomben-Ausgangsstoffe sehr begehrt. Am bekanntesten ist der Fall Irak: In den 80er Jahren wurde dort ein zivil-militärisch angelegter Doppelpfad verfolgt und aufgedeckt: Mithilfe der zivilen Nukleartechnik waren Atomwaffen in Entwicklung.
Der Unterschied von natürlicher und künstlicher Radioaktivität liegt allein im Ursprung. Die schädigende Wirkung von Radioaktivität hängt nur von der Dosis ab. Dabei spielen die Art der Strahlung, die verschiedenen Belastungspfade, die Expositionsdauer und die biologische Wirksamkeit eine Rolle. Der natürlichen Radioaktivität kann sich der Mensch schwerlich entziehen. Deshalb gilt für die zusätzliche künstliche Radioaktivität das Minimierungsgebot.
Der größte Beitrag zur mittleren effektiven Äquivalentdosis pro Kopf der Bevölkerung wird durch natürliche Strahlenquellen verursacht. Die Hälfte davon entfällt auf Radon in der Raumluft unserer Häuser. Die Belastung durch künstliche Strahlenquellen erfolgt zum größten Teil durch medizinische Strahlenanwendungen. Die durch den Unfall von Tschernobyl verursachte Dosis hatte in Deutschland vor allem die ersten drei Jahre nach dem Unfall Bedeutung und nimmt stetig ab. Für die Bevölkerung in Süddeutschland mit dem stärksten radioaktiven Fallout liegt die Dosis im Mittel um einen Faktor 3 höher. Ähnlich verhält es sich mit den Atomwaffentests, die in den 60er Jahren für eine relativ hohe radioaktive Belastung der Bevölkerung gesorgt haben, heute aber keinen nennenswerten Beitrag zur Dosis mehr liefern.
Die Strahlenexposition des einzelnen setzt sich aus einem externen und internen Anteil zusammen. Dies gilt sowohl für natürliche als auch für künstliche Radioaktivität. Die natürliche externe Strahlenexposition umfasst die kosmische und terrestrische Strahlung. Die natürliche interne Strahlenexposition umfasst die Lungendosis durch Inhalation sowie eine interne Dosis durch Aufnahme mit der Nahrung. Typische Radionuklide, die dabei eine Rolle spielen, sind Radionuklide der Uran- und Thorium-Zerfallsreihe, Kalium-40, und kosmogene Radionuklide, wie z.B. Tritium und Kohlenstoff-14.
Ja. Die allgemeine Krebsrate (Mortalität) korreliert in Bayern hochsignifikant mit der Hintergrundstrahlung. Aus den Zahlen geht hervor, dass etwa 10 % der spontan auftretenden Krebsfälle durch die Hintergrundstrahlung bedingt sind.
Aber auch die Säuglingssterblichkeit ist in Gebieten Bayerns mit erhöhter Hintergrundstrahlung signifikant gegenüber der im restlichen Bayern erhöht.
Wasser - Quell des Lebens. © gallery.hd.org
Natürliche radioaktive Stoffe im Trinkwasser tragen im Allgemeinen nur in geringem Maß zur natürlichen Strahlenexposition bei. Es handelt sich im Wesentlichen um folgende:
Eine vom Bundesamt für Strahlenschutz in den vergangenen Jahren veranlasste Untersuchung von 2100 Trinkwasserproben auf den Gehalt von Radon-222 führte zu folgendem Ergebnis: Im Durchschnitt liegt die Belastung mit dem natürlich vorkommenden radioaktiven Edelgas bei 6 Bq/l. Rund 7 % des deutschen Trinkwassers weist eine Radon-Belastung von mehr als 100 Bq/l auf. Eine Probe aus einem Brunnen im Fichtelgebirge lag über 1000 Bq/l.
Die EU-Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten bei Radonbelastungen von 100 Bq/l und mehr zu prüfen, ob Gegenmaßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit erforderlich sind. Bei Konzentrationen von 1000 Bq/l und mehr empfiehlt sie, Strahlenschutzmaßnahmen zu ergreifen.
Laut Bundesamt für Strahlenschutz soll bei Wasserwerken mit erhöhten Radonkonzentrationen über 100 Bq/l geprüft werden, ob und wie der Gehalt verringert werden kann. Überwacht werden sollen auch die Radon-Folgeprodukte Blei-210 und Polonium-210. Für diese Stoffe rät die EU-Kommission schon bei Konzentrationen von 0,2 bzw. 0,1 Bq/l dazu, Gegenmaßnahmen zu prüfen. Darüber hinaus gibt die EU-Trinkwasserrichtlinie für Radioaktivität in Trinkwasser folgende Parameter vor:
Da Tritium nur in geringen Konzentrationen von etwa 6 Bq/l im Grundwasser vorkommt, ist mit dem Parameterwert von 100 Bq/l reichlich Spielraum für zusätzlichen zivilisationsbedingten Eintrag durch Atomkraftwerke, Wiederaufbereitungsanlagen, industrielle und medizinische Anwendungen geschaffen worden.
Eine Belastung des Trinkwassers von 0,9 Bq/l an Radium-226 führt dazu, dass bei einem Erwachsenen die Gesamtdosis von 0,1 mSv/Jahr erreicht wird. Bei einem Kleinkind ist diese bereits bei einer Belastung von 0,1 Bq/l erreicht. Aus diesem Grunde schlägt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) maximal 0,1 Bq/l für Radium-226 vor.
Die mittlere Konzentration von Radium-226 im Trinkwasser liegt in Deutschland bei 0,004 Bq/l. Handelsübliche Mineralwässer sind in der Regel sechs mal höher belastet als Leitungswasser. Rund die Hälfte der Mineralwassersorten enthält 0,025 Bq/l Radium-226 oder weniger. Konzentrationswerte von 0,07 Bq/l sind nicht unüblich, die höchsten Konzentrationen liegen bei 0,6 Bq/l. Mineralwässer mit so hohen Radium-Konzentrationen sind somit für die Ernährung von Kleinkindern ungeeignet.
Seit November 2011 muss Trinkwasser einen Urangrenzwert von 10 µg/l einhalten (TrinkwV). Dieser Wert ist so angesetzt, dass er zwar Erwachsene, aber nicht Säuglinge und Kleinkinder ausreichend schützt. Andererseits dürfen Tafel- und Quellwasser und auch Trinkwasser mit Hinweis auf die Eignung für Säuglingsnahrung nur in Verkehr gebracht werden, wenn der Gehalt an Uran 2 µg/l nicht überschreitet.
Für Mineralwasser gibt es bisher keinen gültigen Grenzwert für Uran oder Radium. Da aber Mineralwasser immer wieder durch hohe Urangehalte auffällt, ist es zwingend notwendig, dass auf dem Etikett von Mineralwasser der Urangehalt angegeben wird.
Radon ist ein radioaktives, natürlich vorkommendes Edelgas, das durch die menschlichen Sinnesorgane nicht wahrgenommen werden kann. Es ist ein Produkt der natürlichen Uran- und Thorium-Zerfallsreihen. Radon entsteht dabei direkt aus dem Radium und wird laufend nachgeliefert. Für Radon-Belastungen ist in erster Linie Radon-222 verantwortlich, das eine Halbwertszeit von 3,8 Tagen hat.
Typische Radon-Aktivitäten bei Eindringen aus belasteten Schichten des Untergrunds. (Bq/m³)
Erdboden
Der Radon-Pegel in der Außenluft hängt vom lokalen Radonaustritt aus dem Erdboden ab. Relativ hohe Radon-Konzentrationen werden in vulkanischen Landstrichen und alten Erstarrungsgesteinen angetroffen. Eine erhöhte Radon-Belastung in Innenräumen ist hauptsächlich auf radiumhaltige Bodenschichten zurückzuführen. Ein Teil des im Boden vorhandenen Radon-Gases dringt über winzige Risse und Spalten in die Kellerräume ein und verteilt sich mit nach oben abnehmender Konzentration im Gebäude. Radon ist sieben mal schwerer als Luft.
Baumaterialien
Der Einfluss der Baumaterialien ist von geringerer Bedeutung. Die Strahlenbelastung durch Baustoffe ist zu 90 % dem Radon, der Rest der direkten Strahlung zuzurechnen. Radon-Quellen können radiumhaltige Baustoffe (z.B. Granit, Bims, Gips, Schlackestein und -schüttungen) sein. Die Radon-Ausgasung hängt ab von: Radiumgehalt des Baumaterials, Wandstärke, Durchlässigkeit, Herstellung, Verputz, Glasur, Anstrich. Radon-Sonderquellen im Wohnbereich sind Wecker/Uhren mit radiumhaltigen Leuchtziffern, Urankeramik und anderes.
Die Radon-Konzentration unterliegt starken Schwankungen. Sie hängt ab von Wetterlagen, Jahreszeiten, Abstand vom Boden, Porosität und Dichte bei Boden und Baumaterial, Luftwechselrate.
Etwa 50 % der jährlichen natürlichen Strahlenbelastung in Deutschland werden durch Inhalation von Radon und dessen Tochternukliden verursacht. Schädigend wirken vor allem die relativ kurzlebigen Folgeprodukte des Radons, die in kaskadenartiger Abfolge entstehen und energiereiche Alpha- und Betastrahlung aussenden. Angelagert an Aerosole (Staubteilchen in der Luft) werden sie mit jedem Atemzug in der Lunge ausgefiltert. Die erhaltene Lungendosis ist abhängig von Atemrate und Konzentration der radioaktiven Zerfallsprodukte. Gemäß Schätzungen sind 4 - 12 % aller Lungenkrebstoten auf Radonexposition zurückzuführen. Gleichzeitige Einwirkung von Tabakrauch oder Asbest/Mineralfasern erhöht das Risiko, durch Radon an Lungenkrebs zu erkranken.
Die Radon-Konzentrationen in Deutschland liegen im Mittel bei 50 Bq/m³ (Bq = Becquerel) in Wohnräumen, bei 60 Bq/m³ in Kellerräumen. An Orten mit Uranerzabbau treten Spitzenwerte von 2000 - 3000 Bq/m³, vereinzelt alarmierende Werte von 100.000 Bq/m³ auf.
Verschiedene Länder haben Grenzwerte, Zielwerte, Richtwerte oder Referenzwerte für die Radonbelastung in Innenräumen festgesetzt. Grenzwerte, die rechtlich verbindlich eingehalten werden müssen, haben lediglich die Länder Schweden, Großbritannien und die Schweiz, alle anderen geben als Empfehlungen "Zielwerte", "Richtwerte" oder "Referenzwerte" für eine maximale Konzentration, ab der Maßnahmen ergriffen werden sollten. Ein "maximaler Referenzwert" ist sinngemäß ein Grenzwert, aber nicht gesetzlich verankert.
Folgende Tabelle gibt einen Überblick über Grenz- und Richtwerte:
Konzentration Bq/m³ | Bemerkung | |
---|---|---|
Weltgesundheitsorganisation WHO (2009) | ||
300 | Maximaler Referenzwert | |
100 | Referenzwert für Neu- und Altbauten | |
Internationale Strahlenschutzkommission ICRP (2009) | 300 | Maximaler Referenzwert |
Deutsche Strahlenschutzkommission SSK (2004) | 100 | Empfehlung |
EU (1990)* | ||
400 | Eingreifrichtwert bei bestehenden Gebäuden | |
200 | Planungsrichtwert für neue Gebäude | |
Deutschland (2005) | 100 | Zielwert für Neu- und Altbauten |
Baden-Württemberg und Bayern | 250 | Richtwert für bestehende Gebäude und Neubauten |
Großbritannien | ||
200 | Grenzwert für öffentliche Gebäude | |
200 | Richtwert für Wohnräume | |
Schweden | 200 | Grenzwert |
Schweiz (1994) | ||
1000 | Grenzwert für Wohnräume | |
3000 | Grenzwert für Arbeitsräume | |
400 | Richtwert für Neu- und Altbauten | |
USA | 150 |
* Richtwerte sind als überholt anzusehen. In der EU und auch in anderen Ländern gibt es Überlegungen zu Neuregelungen (Absenkung der Werte).
Empfehlungen im Sinne der Vorsorge
Bei Neubauten sollten strahlenarme mineralische Baustoffe (ACI < 1) eingesetzt werden, in Gebieten mit radiumhaltigen Bodenschichten empfiehlt sich das radondichte Bauen. Zur Orientierung kann die Radonkarte des Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) dienen.
Bei Altbauten gibt es bei verbauten belasteten Baustoffen nur beschränkte Möglichkeiten zur Strahlenminimierung, z.B. der Austausch von Füllmaterial, Beschichtung mit gasdichten Tapeten, Fliesen oder Vorsetzen einer zweiten Wand. Bei Radon aus dem Untergrund empfiehlt das BfS ab einem Zielwert von 100 Bq/m³ je nach Höhe der Belastung organisatorische Maßnahmen wie Veränderungen beim Lüften und bei der Raumnutzung, oder Sanierungsmaßnahmen wie Abdichten, mechanische Lüftung, das Einziehen einer Bodenplatte oder Drainage, wenn es sich um Aufenthaltsräume handelt. Die Werte gelten als 3-Tages-Mittelwerte bei normaler Nutzung und tendenziell reduziertem Luftwechsel. Vor Entscheidungen zu kostenträchtigen Maßnahmen sollte die Messung zur Absicherung wiederholt werden.
Jedes Baumaterial enthält so wie das Untergrundgestein oder der Erdboden Spuren natürlicher radioaktiver Stoffe, insbesondere Uran-238, Thorium-232 und deren Zerfallsprodukte sowie Kalium-40. Das künstliche Radionuklid Cäsium-137 aus den oberirdischen Atomversuchen und dem Unfall von Tschernobyl ist mitunter in organischen Baumaterialien, wie z.B. Holz zu finden.
Die Konzentration der Radionuklide variiert sowohl nach Art des Baustoffs wie auch innerhalb gleichartigen Materials. Maßgebend dafür sind die Zusammensetzung, die Herkunft und das Herstellungsverfahren. Erstarrungs- und Ergussgesteine wie Granit, Tuff und Bims sind typisch für eventuelle hohe Radioaktivitätsgehalte. Dagegen enthalten Sand, Kies, Kalkstein und Naturgips nur geringe Mengen an Radioaktivität. Ein Problem ist die Glasur bei Fliesen, die mitunter radioaktive Stoffe enthalten kann. Zur Farbgebung (rot, gelb, braun) werden uranhaltige Pigmente verwendet, wobei 2 mg Uran pro cm² erlaubt sind.
Durch die Verwendung belasteter Baustoffe tritt eine Erhöhung der Strahlenexposition in Wohnräumen auf, je nach dem wie viel davon verbaut wurde und wie lange die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist. Dabei liefert sowohl die äußere Belastung durch Gammastrahlung als auch die Belastung durch die Konzentration des exhalierten Radon und seiner kurzlebigen Folgeprodukte in der Raumluft einen Beitrag. Das Gefährdungspotenzial ist zu 90 % dem Radongas und zu 10 % der direkten Strahlung anzulasten.
Zur Bewertung der Strahlenbelastung durch Baustoffe kann der Activity Concentration Index der EU (ACI < 1) herangezogen werden. Er berechnet sich aus der Summe der gewichteten Aktivitäten von Kalium-40, Radium-226 und Thorium-232. Die Wichtung berücksichtigt die relative Schädlichkeit für den Menschen. Seit 2018 gilt in Deutschland ein erweiterter Index, der auch die Materialdichte und Wandstärke berücksichtigt. Baustoffe mit einem Wert des ACI von über 1 sollten gemäß offiziellen Empfehlungen nicht in größeren Mengen verbaut werden. Dem Minimierungsgebot entsprechend empfiehlt das Umweltinstitut München die Verwendung von Baustoffen mit einem ACI-Wert von kleiner als 0,5, wenn große Mengen davon verbaut werden.
Generell gilt, dass es keine Grenze gibt, unterhalb der Radioaktivität noch ungefährlich wäre. Deshalb sollten Sie auf eine Minimierung der Strahlenbelastung in Wohnräumen achten.
Die Farbe von Edelsteinen und Halbedelsteinen kann durch ionisierende Strahlung verändert oder intensiviert werden. Dies geschieht in der Natur durch die in der Erde vorhandenen natürlich vorkommenden Radionuklide. Der Effekt kann auch durch künstliche Bestrahlung der Steine hervorgerufen werden.
In der Regel wird dazu Elektronen- oder Gammastrahlung eingesetzt. Dann entsteht keinerlei Aktivität in den Steinen, das Tragen ist unbedenklich. Schmucksteine können aber auch mit Neutronen bestrahlt werden. Dies geschieht eher selten, weil aufwändiger und komplizierter. Am Forschungsreaktor der Universität in Delft, Holland, wurden z.B. auch Schmucksteine bestrahlt. Bei Neutronenbestrahlung werden in den Steinen verschiedene Radionuklide gebildet. Die Strahlenbelastung kann aufgrund langer Abklingzeiten bis zu zwei Jahre anhalten. Beim Tragen eines solchen Schmucks wirkt die Strahlung auf die Haut ein.
Am häufigsten werden Topase bestrahlt, die dadurch eine intensive blaue Farbe erhalten. Aber auch bei Rubin, Saphir, Aquamarin, Turmalin oder Diamanten wird die Farbe durch Bestrahlung verbessert. So werden z.B. gern die so genannten "Katzenaugen" mit Neutronen bestrahlt, da sich dann die gelbe Farbe in dunkelbraun wandelt und die Steine wertvoller sind.
Entsprechend dem Minimierungsgebot der Strahlenschutzverordnung sollte jede unnötige, Strahlenexposition unbedingt vermieden werden. Grundsätzlich raten wir davon ab, mit Neutronen bestrahlte und aktivierte Edelsteine zu tragen. Deshalb sollte man sich bereits beim Kauf der Steine davon überzeugen, dass sie nicht radioaktiv sind. Der Händler kann darüber Auskunft geben.
Früher wurden z.B. in Lichtschaltern und Leuchtziffern von Uhren sowie Leuchtfarben stark strahlende radioaktive Stoffe eingesetzt, die einen Dauerleuchteffekt unabhängig von der vorherigen Lichteinstrahlung verursachten.
Der Einsatz dieser stark strahlenden Zusätze wie z.B. Radium wurde ca. 1960 eingestellt und ist verboten. Schwach strahlende Radionuklide werden demgegenüber häufig eingesetzt, z.B. in Leuchtstofflampen und Gaslichtglühstrümpfen für Campinggasleuchten. Verboten ist gemäß Strahlenschutzverordnung der Zusatz von radioaktiven Stoffen in Spielzeug, Kosmetika und Schmuck sowie in Lebens- und Futtermitteln.
Heutzutage gekauftes Spielzeug leuchtet in der Regel nur dann, wenn es mit Licht bestrahlt wurde und daraufhin im Dunkeln für eine begrenzte Zeit leuchtet. Es handelt sich dann um das Phänomen der Lumineszenz (Fluoreszenz oder Phosphoreszenz).
Der Einsatz radioaktiver Stoffe in Spielzeug lässt sich leicht überprüfen, denn in einem solchen Fall sollte das Spielzeug auch ohne Bestrahlung stets, also Tag und Nacht, leuchten können. Dagegen ist bei Lumineszenz nach einer gewissen Zeit, d.h. vollständiger Abgabe der eingestrahlten Energie, die Leuchtkraft schließlich erschöpft.
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