ISDS: Sonderjustiz für Konzerne und Unternehmer

Das AKW Krümmel. Bild: Andreas Bemeleit, Flickr

Vattenfall verklagt die Bundesrepublik Deutschland auf Schadensersatz für den Atomausstieg. Knapp 4,7 Milliarden Euro hätte der schwedische Stromkonzern gerne für die vorzeitige Abschaltung seiner Pannenkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel. Problematisch ist die Klage, weil sie Profitinteressen über die Entscheidungssouveränität einer demokratisch legitimierten Regierung stellt. Dreist ist die Klage außerdem, da Brunsbüttel und Krümmel in den Jahren vor dem Ausstieg häufig stillstanden und ein Verlustgeschäft waren.

Auch wenn der Ausgang noch ungewiss ist, hat allein das Gerichtsverfahren die deutschen SteuerzahlerInenn bisher schon 3,2 Millionen Euro gekostet. Möglich wurde die Vattenfall-Klage wegen der Energie-Charta, der Deutschland und Schweden beigetreten sind, und die ISDS für die Energie-Branche vorsieht.

Die niederländische Gesellschaft Far East B.V., Hauptaktionärin der Meinl Bank, verklagt aktuell die Republik Österreich auf 200 Millionen Euro Schadensersatz, weil diese gegen die Meinl Bank, führende Mitarbeiter und Julius Meinl wegen des Verdachts auf Untreue, Betrug und Abgabenhinterziehung ermittelt. Far East argumentiert, dass der Wert der Bank durch die Ermittlungen leidet und somit Anspruch auf Schadensersatz besteht.

Far East B.V. ist nach Medienberichten offenbar eine Briefkastenfirma des Bankiers Julius Meinl. Meinl klagt somit quasi auf Schadensersatz für die Ermittlungen gegen ihn selbst. Ermöglicht wird die Klage über ein Investitionsschutzabkommen zwischen Malta und Österreich. Sollten sich Meinl und die Far East mit ihrer Klage durchsetzen, wäre dies ein besonders eindringliches Beispiel dafür, wie ISDS missbraucht werden kann, um Unternehmensinteressen gegenüber einem Staat durchzusetzen und sich über die reguläre Justiz hinwegzusetzen.

Der rumänische Staat muss zwei windigen Unternehmern Schadensersatz in Millionenhöhe zahlen, weil das Land sich an die EU-Verträge hält. Zu diesem absurden Ergebnis ist ein Schiedsgerichtsverfahren auf Grund eines Investitionsschutzabkommens zwischen Rumänien und Schweden gekommen.

Im Zuge des EU-Beitritts hatte die EU-Kommission Subventionen für ausländische Investoren in Rumänien kritisiert, da diese nicht mit dem EU-Wettbewerbsrecht im Einklang stünden. Um die EU-Verträge einzuhalten, hat die rumänische Regierung die Subventionen daraufhin abgeschafft. Ärgerlich für die rumänischen Unternehmer-Brüder Micula, die extra eine schwedische Firma gekauft hatten, um in ihrem Heimatland von den großzügigen Subventionen für ausländische Investoren zu profitieren. Daher haben sie auch vor einem Schiedsgericht auf Schadensersatz für ihre geschmälerten Gewinne geklagt. Das Gericht sprach ihnen 250 Millionen US-$ zu.

Rumänien ist damit in der Zwickmühle, denn die EU-Kommission hat dem Land die Zahlung verboten, da dies eine illegale Beihilfe wäre – wohlbemerkt die gleiche EU-Kommission, die darauf drängt ISDS in TTIP und CETA einzuführen. Derweil setzen die Micula Brüder ihre Forderung durch Pfändung rumänischen Staatseigentums vor einem US-amerikanischen Gericht durch.

Der US-amerikanische Pharmariese El Lilly fordert eine Entschädigung in Höhe von 500 Millionen US-Dollar, weil zwei Patente des Konzerns in Kanada für ungültig erklärt wurden, da es sich nicht um echte Innovationen handle.

Der Konzern sieht darin quasi eine Enteignung erwarteter Gewinne, für die das Unternehmen nun einen Ausgleich fordert.  

Der Tabakkonzern Philip Morris klagt gegen die Regierung von Uruguay, weil diese ihre Bürger besser vor den Gesundheitsgefahren von Zigaretten schützen will. Hintergrund ist ein neues Gesetz zur Kennzeichnung von Zigarettenpackungen. Ähnlich wie schon in anderen Ländern, sollen diese deutliche Warnhinweise und abschreckende Abbildungen enthalten, die auf die Gesundheitsgefahren hinweisen.

Philip Morris argumentiert, dass die neuen Kennzeichnungspflichten gegen das Gebot einer "gerechten Behandlung" verstoße, da diese einen stabilen und voraussehbaren gesetzlichen Rahmen voraussetze. Durch die Gesetzesänderung würden die legitimen Gewinnerwartungen des Konzerns zunichte gemacht. Grundlage der Klage ist ein Abkommen zwischen Uruguay und der Schweiz.