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Die Stromproduktion aus Kohle ist das drängende Problem der Energiewende, denn eines ihrer beiden Hauptziele – neben der Verbannung des akuten nuklearen Katastrophenrisikos aus Deutschland – wird dadurch sabotiert: die Verringerung des Kohlenstoffdioxidausstoßes, um die Klimaziele zu erreichen und so die zukünftigen Gefahren durch den Klimawandel zu minimieren.
Die Lösung dieser Probleme heißt für einige Akteure Carbon Dioxide Capture and Storage (CCS): Mit CCS soll ein Großteil der riesigen Emissionsmengen aufgefangen und in geeigneten Gesteinsschichten gespeichert werden. Kohleverbrennung soll so „klimafreundlich“ werden.
Der Nutzen der CCS-Technik ist mehr als zweifelhaft. Bedenken begleiten den gesamten Prozess, von der Abscheidung über den Transport bis hin zur Lagerung.
© Ch. Schmutz / Greenpeace
Trotz aller Unwägbarkeit planen Länder mit großen Kohlevorräten den Neubau von Kohlekraftwerken, allen voran China und die USA, aber auch Indien, Australien, Russland und Deutschland. CCS dient der Politik und Wirtschaft als Feigenblatt, den Rohstoff Kohle in Zeiten des Klimawandels weiter zu nutzen und die Akzeptanz für den Bau neuer Kohlekraftwerke zu erhöhen. Sowohl auf nationaler wie auf internationaler Ebene ist CCS mittlerweile als Baustein in Klimaschutzprogrammen akzeptiert. CCS dient schon heute als Argument, Kohlekraftwerke zu bauen, obwohl noch gar nicht geklärt ist, ob die CO2-Speicherung funktionieren wird.
Nach intensiver Lobbyarbeit der globalen Interessensvertretung für Kohle (World Coal Association) wurde CCS auf dem Klimagipfel in Durban (2011) als „Clean Development Mechanism“ (CDM) anerkannt. Dies bedeutet: Energieunternehmen finanzieren CCS-Technik in Entwicklungsländern. Dafür dürfen sie zu Hause mehr CO2 ausstoßen. Die deutschen Energiekonzerne profitieren so von neuen Kohlekraftwerken in Schwellenländern und in der Dritten Welt.
Vier Konzerne dominieren in Deutschland die Stromversorgung. Jedes neue Kohlekraftwerk, das durchschnittlich 40 bis 50 Jahre am Netz bleibt, zementiert diese monopolistische Struktur der Energiewirtschaft. Für die großen deutschen Energiekonzerne ist der Erhalt und Bau von Kohlemeilern die einzige Chance, ihre Vormachtstellung zumindest teilweise zu erhalten. Denn ihr Strom kommt zum größten Teil aus Atomkraft und Kohle (siehe Tabelle "Stromerzeugung der großen Energiekonzerne"). Da der Atomausstieg in Deutschland beschlossene Sache ist, ist der Erhalt der Kohleverstromung für die Energiekonzerne so wichtig.
RWE | E.On | Vattenfall | EnBW | |
---|---|---|---|---|
Fossile Quellen | 78% | 72% | 45% | 34% |
Atomkraft | 18% | 12% | 31% | 50% |
Erneuerbare Energien | 4% | 16% | 21% | 11% |
Quellen: de.statista.com, E.on, Bernd Hirschl/IÖW. An 100 Prozent fehlende: sonstige
© Petr Nad / fotolia.com
Bisher kommt die Umsetzung der CCS-Technologie nicht recht in Gang: Pilotprojekte wurden verschoben oder abgebrochen. Vattenfalls Pläne, die CCS-Pilotanlage „Schwarze Pumpe“ bei Cottbus zu einer großindustriellen Anlage auszubauen, wurden ebenso fallen gelassen wie die Pläne von RWE für ein Demonstrationsprojekt.
Dies liegt vor allem an den sehr hohen Kosten der CCS-Technologie. Laut der "CCS Technology Roadmap" der Internationalen Energie Agentur werden pro Jahr 5 bis 6,5 Milliarden US-Dollar benötigt um die CCS-Pläne zu realisieren. Die Europäische Kommission veranschlagt für die weitere Erforschung und zügige Demonstration der Technologie private und öffentliche Investitionen in Höhe von rund 13 Milliarden Euro. Im Rahmen des europäischen Konjunkturprogramms sollen rund 1,05 Milliarden Euro bereitgestellt werden, um bis 2015 zwölf CCS-Demonstrationsprojekte in Europa zu forcieren.
Kraftwerk Ein weiterer Stolperstein der Kohlendioxid-Abscheidung ist die Ablehnung in der Bevölkerung. Mehrere Bürgerinitiativen haben schnell und heftig mit Mahnwachen, Protestaktionen und Demonstrationen auf angekündigte CCS-Projekte reagiert. Die Internationale Energie Agentur mahnt daher Wirtschaft, Forschung und Regierungen, stärker in Lobbyarbeit für CCS zu investieren.
Auch die fehlende Flexibilität ist ein Schwachpunkt der CCS-Technologie. CCS-Prozesse sind für Kohlekraftwerke ausgelegt, die rund um die Uhr in etwa die gleiche Menge Strom produzieren. Sie sind nicht flexibel genug, um erneuerbare Energien sinnvoll zu ergänzen und bremsen damit die Energiewende aus.
Doch leider ist die Einführung von CCS damit immer noch nicht vom Tisch. So überlegt EU-Energiekommissar Günther Oettinger, auf EU-Ebene CCS für neue Kraftwerke verbindlich vorzuschreiben.
Die Stromversorgung der Zukunft wird regenerativ und dezentral. Kohlekraftwerke, die ihre Leistung nicht flexibel an die schwankende Stromerzeugung aus Sonne und Wind anpassen können, sind fehl am Platz. Die vielen Milliarden Fördermittel der EU sollten besser in Effizienz, den Ausbau der Erneuerbaren Energieerzeugung, in Energiespeicher sowie in eine moderne Netzinfrastruktur investiert werden.
Das Festhalten an Kohlekraft dagegen wird eine teure Pleite: durch hohe Umweltkosten, steigende Rohstoffpreise, teure CO2-Zertifikate und die gewaltigen Kosten für den Bau der CCS-Anlagen.
Nach monatelangem Streit hat der Bundesrat am 29. Juni 2012 dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses zur unterirdischen Speicherung von CO2 (Carbon Dioxide Capture and Storage, kurz CCS) zugestimmt. Dieses Gesetz öffnet die Tür für eine Anwendung von CCS im großen Maßstab.
Zwar ermöglicht eine Länderklausel den Bundesländern, Speicher in ihrem Gebiet zu verhindern. CO2-Leitungen zu den Lagerstätten müssen die Länder jedoch dulden. Damit ermöglicht es das neue Gesetz, CO2 unter der Nordsee zu deponieren. Dafür plädierte unlängst EU-Energiekommissar Oettinger. Zwölf Seemeilen, also rund 22 Kilometer, vor der Küste beginnt nämlich die Ausschließliche Wirtschaftszone, in der nur der Bund das Sagen hat. Hier sind Bürgerproteste schwerer zu organisieren und können einfacher ignoriert werden.
Doch eine Verpressung im Meeresboden ist nicht weniger kritisch als eine Verpressung an Land: CCS könnte das Trinkwasser in Küstennähe versalzen und das Meerwasser vergiften. Damit gefährdet es die marinen Ökosysteme, die Fischerei und die Trinkwasserversorgung an der Nordseeküste. Die meisten als Speicher in Frage kommenden geologischen Formationen unter der Nordsee liegen zudem in Natura-2000-Schutzgebieten.
CSS muss komplett verboten werden – auf dem Festland genauso wie auf dem Meeresboden. Es verhindert echten Klimaschutz, birgt unkalkulierbare Risiken und bremst die Energiewende. Der Klimawandel kann nur verlangsamt werden, wenn wir weniger fossile Energieträger verbrennen. CCS dient als Feigenblatt für den Bau neuer Kohlekraftwerke. Nicht in die Zukunft der Kohle, sondern in Erneuerbare Energien, in Energiespeicher und Energieeffizienz muss investiert werden.
Aktuell: Juli 2012
CCS steht für „Carbon Dioxide Capture and Storage“, zu deutsch: Kohlendioxid-Abscheidung und -Speicherung. Kohlendioxid (CO2), das bei der Verstromung fossiler Energieträger oder im Rahmen energieintensiver Industrieprozesse freigesetzt wird, soll ausgewaschen, konzentriert, verflüssigt und in Pipelines zu Lagerstätten geleitet werden. Hier soll das verflüssigte Kohlendioxid in tiefe geologische Schichten verpresst und dort auf unbegrenzte Zeit gespeichert werden.
Das Umweltinstitut München fordert daher:
Für diese Ziele setzt sich das Umweltinstitut München ein: